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02.09.2021: Auf dem Weg zur Klimaneutralität: Welche CO2-Bepreisung brauchen wir?

Robin Reh
02.09.2021

„Welche CO2-Bepreisung brauchen wir?“ – diese Frage stand im Mittelpunkt des ersten EPICO KlimaDialogs mit Andreas Jung MdB, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Vorsitzender des Beirats von EPICO und Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung sowie Mitglied im Beirat von EPICO.

In seinem Einleitungsstatement machte EPICO-Gründer Bernd Weber deutlich, warum das Thema CO2-Bepreisung gerade jetzt, einen Monat vor der Wahl, so große Bedeutung hat: „2021 ist für den Klimaschutz ein historisches Jahr; Deutschland und Europa haben ihre Klimaziele erhöht und der vor Kurzem veröffentlichte IPCC-Bericht hat deutlich gemacht, wie wichtig es ist, jetzt ins Handeln zu kommen. Es gilt also, die Ambitionen nun in konkrete Maßnahmen zu übersetzen, von denen ein CO2-Zertifikatehandel in allen Sektoren eine der bedeutendsten ist.“

Dies macht nicht zuletzt auch Ottmar Edenhofer, der wohl profilierteste Klimaökonom Deutschlands und ein Vordenker eines Emissionshandels in allen Sektoren, immer wieder deutlich. Anfang des Jahres sprach er sich mit anderen dafür aus, für die bislang nicht vom EU-ETS erfassten Sektoren Wärme und Verkehr zunächst ein separates Emissionshandelsregime zu etablieren[1]. Das Aufgreifen dieses Vorschlags im Fit-For-55-Paket sei denn auch zu begrüßen, denn sie biete aufgrund der Emissionsobergrenze einen besseren Compliance-Mechanismus der Mitgliedsstaaten als die Effort Sharing Regulation. Aber Edenhofer macht auch deutlich: „Ein zweites Emissionshandelssystem ist nur sinnvoll in der Perspektive, dass es zu einer Integration der beiden Systeme kommt. Die Herausforderung einer solchen Integration ist gewaltig, da es wegen unterschiedlicher Vermeidungskosten zunächst erhebliche Unterschiede bei den Preisen geben wird.“

Andreas Jung pflichtet Ottmar Edenhofer bei und betont: „Bei all diesen Fragen ist die soziale Komponente für die Akzeptanz herausragend. In Deutschland wollen wir dies über billigere Strompreise an die Verbraucher zurückgeben. Es ist wichtig, dass wir auf das Instrument des Emissionshandels setzen und gleichzeitig die soziale Frage und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen im Blick behalten.“

Gerade die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen steht auch im Mittelpunkt der Überlegungen zu einem CO2-Grenzausgleichmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism – CBAM). Ottmar Edenhofer hält CBAM jedoch für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen nicht für das zentrale Element. Zwar habe die Debatte hierum dazu geführt, dass viele Länder sich sehr intensiv mit CO2-Bepreisung beschäftigten, weil die EU mit Ihrem Vorstoß eine gewisse Signalwirkung und Drohkulisse aufgebaut habe. „Dennoch glaube ich, dass der Grenzausgleich so nicht zum Ziel führen wird. Jeder Grenzausgleich hat die Gefahr, dass er nach Vergeltung schreit, was die Reaktion von Partnerländern auf den Vorstoß zeigt.“

Der wichtigste Schritt zur Absicherung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft sei vielmehr internationale Kooperation. Edenhofer: „Wir müssen jetzt einen erheblichen Teil des politischen Kapitals investieren, um globale Kooperation zu ermöglichen. Die 1,5-Grad- bzw. die 2-Grad-Grenze können wir nur einhalten, wenn ausreichend viele Emittenten mitmachen. Wir brauchen hierfür gar nicht alle 194 Staaten der Klimarahmenkonvention – die USA, die EU, China, Indien, Russland und Japan zusammen machen schon zwei Drittel er globalen Emissionen aus.“

Von der Wichtigkeit internationaler Bemühungen um ein gemeinsames Vorgehen beim Klimaschutz ist auch Andreas Jung überzeugt: „Ich möchte unterstreichen, dass die internationale Frage von herausragender Bedeutung ist. Es ist wichtig, dass wir zu einem Club bzw. einem Bündnis von Staaten kommen, die bereit sind, beim Klimaschutz koordiniert voranzugehen und so wettbewerbsfähig zu bleiben. Deutschland und die EU müssen hierbei weiterhin kraftvoll vorangehen.“

Die Bedeutung und Dringlichkeit eines solchen Vorgehens verdeutlichte Ottmar Edenhofer beispielhaft an der Kohlekraft. In diese flössen in Süd- und Südostasien erhebliche Investitionen, durch die das Erreichen der 1,5- bzw. 2-Grad-Grenze nahezu unmöglich würde. Edenhofer: „Deshalb besteht jetzt in Glasgow die Chance, dass wir über einen konzertierten internationalen Kohleausstieg sprechen.“

Und so konnte Bernd Weber am Ende fundierter Beratungen drei zentrale Punkte identifizieren, die im Lauf der nächsten Wochen und Monate für die Weiterentwicklung der CO2-Bepreisung von Bedeutung sein werden:

  1. 1. Die CO2-Bepreisung ist das wesentliche Leitinstrument, allerdings birgt sie, wenn man sich die Preise den Emissionsobergrenzen entsprechend bilden lässt, auch politische Probleme. Diese gilt es durch eine Einbettung der CO2-Bepreisung in einen breiten Policy-Mix zu lösen, allen voran Maßnahmen des adäquaten Ausgleichs für Bürger und Unternehmen.
  2. 2. Das deutsche Emissionshandelssystem für Wärme und Verkehr steht vor einer doppelten Integrationsherausforderung. Zunächst muss das deutsche Emissionshandelssystem in den europäischen ETS II überführt und anschließend müssen beide europäische Emissionshandelsregime zu einem verschmolzen werden.
  3. 3. Die europäische Klimapolitik und insbesondere die CO2-Bepreisung müssen eingebettet werden in internationale Bemühungen darum, andere Länder auf diesem Weg mit an Bord zu bekommen.

[1] https://www.bruegel.org/2021/0...

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