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Münchner Merkur: Industriestrompreis auf dem Prüfstand

München – Die Strompreise sind zu hoch – und Pläne für Wirtschaftsförderung umstritten. Eine aktuelle Studie von Epico und Aurora Energy Research hat jetzt die aktuellen Konzepte untersucht.

Brückenstrompreis: Das Wirtschaftsministerium will bis 2030 den Strompreis für bestimmte energieintensive Industrien auf sechs Cent deckeln. Für den Sparanreiz gilt das Angebot für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs.

Strompartnerschaft: Die Deutsche Industrie- und Handelskammer will bilaterale Verträge zwischen Erzeugern und Verbrauchern (PPAs) fördern. Wer etwa einen Windpark baut, soll mit 25 Prozent der Baukosten gefördert werden – ähnlich wie in den USA. Dazu sollen Stromsteuer und Netzentgelte gesenkt werden.

Eigenstrom-PPA: FDP-Vize Lukas Köhler hat ein ähnliches Konzept. Beim „Eigenstrom-PPA“ sollen die Steuern und Abgaben für bilaterale Verträge gesenkt werden. Auch bei weit entfernten Kraftwerken solle nur so viel Netzentgelt bezahlt werden, als stünde die Anlage auf dem Betriebsgelände. Dazu sollen PPAs durch standardisierte Produkte kleineren Unternehmen zugänglich werden.

Bewertung: Epico-Chef Bernd Weber sieht den Brückenstrompreis kritisch: „Erstens ist das europarechtlich und europapolitisch kaum durchsetzbar. Zweitens liegen die Strompreise wahrscheinlich auch nach 2030 über sechs Cent, es droht also eine Dauersubvention auch darüber hinaus. Und drittens fördert der Ansatz mit einem Festpreis nicht den Ausbau der Erneuerbaren. Die haben am freien Markt einen Kostenvorteil, deshalb haben PPAs gerade Hochkonjunktur.“ Deshalb sei es sinnvoll, diese zu fördern: „Sinken die Finanzierungskosten, beschleunigen wir den Ausbau und senken die Strompreise – und zwar zuverlässig auf viele Jahre hinweg.“ Für die Übergangszeit bis ein notwendiger massiver Ausbau der Erneuerbaren-Kraftwerke ausreichend Wirkung entfaltet, seien die Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte geeignete Stützen. „Gerade bei den Netzentgelten gilt aber: Wenn sie die einen nicht bezahlen, müssen die anderen Verbraucher mehr bezahlen“, so Weber. Sollte das nicht reichen, könnte man strategisch wichtige Industriebetriebe immer noch stützen, „etwa durch Prämien für die Produktion, wobei die Förderhöhe über Ausschreibungen am effizientesten bestimmt werden könnte. Ein Festpreis wäre aber der falsche Weg.“ In jedem Fall sehr wichtig sei eine Reform der Netzentgelte: „Wir müssen einen Preisanreiz setzen, den Strom zu verbrauchen, wenn und wo er im Überfluss zur Verfügung steht. Das senkt die Preise, schafft Flexibilität und kostet keine Steuergelder.

Erschienen in der Printausgabe des Münchner Merkur Nr. 216 | Dienstag, 19. September 2023.
von Matthias Schneider